Schnauzer und Pinscher, vom Stall- zum Rassehund

Ihre Geschichte ist alt, es ist die Geschichte der Hunde mittlerer Größe, die von Bauern im süddeutschen Sprachraum gehalten wurden. Da sie arbeitende Hunde des arbeitenden Volkes waren, wurden sie kaum auf Bildern verewigt.

 

Genauer lernen wir die handfesten Burschen mit glattem oder rauhem Fell und kräftigen schnell zupackenden Zähnen aus der Hundeliteratur des vorigen Jahrhunderts kennen. Sie werden beschrieben als die Begleiter der Fuhrleute und Stallknechte.

 

Als Rattenfänger in den Pferdeställen bezeichnete man sie als Rattler. Nach dem "Großen Wörterbuch der deutschen Sprache" leitet sich Pinscher von Pinzgauer ab, einem österreichischen Hundeschlag, den ich in der Literatur nicht gefunden habe.

 

Das Grimmsche Wörterbuch führt den Namen auf das französische "pincer" zurück, als abkneifen, stutzen bedeutet und wohl für kupierte Hunde verwendet worden wäre.

 

Hunde, die andere kneifen:
Ich halte die kynologische Deutung für richtig: eine Verballhornung des englischen to pinch = kneifen, zupacken. Wenn die Hunde auch eine deutsche Rasse sind, so kam Hundewissen im vorigen Jahrhundert aus England. Und so viel anders als der glatthaarige Pinscher sieht und sah der Manchester Terrier nicht aus. Er war ein professioneller Rattenfänger, der öffentlich in der Arena Ratten tötete, und ein Kneifer dazu. Zumindest seine Miniaturausgabe, der Black and Tan Toy Terrier. Arme Leute in den Slumes der Großstädte trugen sie in ihren Jackentaschen, als perfekten Schutz gegen fremde Hände, die sich darin verirrten und die dann gekniffen wurden. Auch diese Zwerge waren Mäuse- und Rattenkneifer.

 

In Deutschland gab es diese Wettkämpfe nicht. Hier waren die Pinscher in den Pferdeställen zu Hause. Als Stallhunde hatten sie die Aufgabe, Mäuse und Ratten kurzzuhalten, die den Hafer fraßen und verschmutzten. Nachts mußten Pferde und Fuhren bewacht werden. Pferdestehlen war einmal ein Beruf. Die Hunde, die das verhinderten, mußten mißtraurisch gegen Fremde sein und einen Sinn für das Eigentum ihres Herren haben.

 

Außerdem mußten sie Jagdleidenschaft besitzen, schnell zupacken können und sich mit Pferden vertragen. Damit sie die Pferde nicht scheu machten, durften sie nicht übermäßig bellen.

 

Die beste Beschreibung der Pinscher gibt uns Richard Strebel, er schildert ihren Aufstieg vom Stallhund zum Rassenhund. Bei ihm lesen wir, daß die glatthaarigen lieber im warmen Stall lebten, die rauhhaarigen mit den Fuhren gingen, weil ihr wetterfestes Fell gestattete, daß sie den Wagen auch im Winter im Freien bewachten. Ihr harscher Bart schützte sie aber auch vor den Bissen den in die Enge getriebenen Ratten. Von diesem harschen Bart bekamen sie den Namen Schnauzer, der aber den Züchtern nicht gefiel, denn er wurde erst während des ersten Weltkrieges offiziell, als aus dem struppig-ruppigen Gesellen, der manchmal eine richtige Mähne hatte, ein Hund von Adel mit gestrecktem Kopf und quadratischem Körper geworden war.

 

Text nach Knaurs Großes Hundebuch von Ulrich Klewer